Hautnah bei den wilden Delfinen an der Algarve
Delfine in freier Wildbahn zu sehen, steht für viele Menschen ganz zuoberst auf der Liste der Dinge, die sie unbedingt noch erleben möchten. Die gute Nachricht: Man muss dazu nicht um die halbe Erdkugel fliegen. Vor der Küste der Algarve führt der Delfinspezialist Riccardo Barradas Gäste zu den Meeressäugern. Ihnen und der Natur hat der Pionier des Ökotourismus in der Algarve sein Leben verschrieben. Dabei arbeitet er auch mit einer Schweizerin, die auf Quintamar naturnahe Ferien im Naturschutzgebiet Ria Formosa anbietet.
Bevor wir aufs Meer hinausfahren, erklärt uns Ricardo Barradas was uns erwartet – oder eben nicht. Er könne nicht garantieren, dass wir heute Delfine sehen werden. Die Natur lasse sich eben nicht beherrschen, meint der 35-Jährige mit dem Seemannsbart. Delfine, aber nicht im Zoo oder im Aquarium, sondern in freier Natur. Zu gross ist diese Verlockung. Wir nehmen das Risiko gerne in Kauf.
Zu fünft sitzen wir wie auf Pferdesätteln im Gummiboot und klammern uns an die Haltebügel. Dann fahren wir vom Fischerhafen des Städtchens Olhão los und passieren einige Sandbänke und der Küste vorgeschobene Inseln. Diese gehören zum Naturpark Ria Formosa, der sich an der östlichen Algarve zwischen Faro und der spanischen Grenze auf einer Länge von rund 60 Kilometern erstreckt. Das Feuchtgebiet bekannt für seine Artenvielfalt. Fast die Hälfte der Meeresfische des Nordatlantik laichen hier vor den Küsten von Portugal.
Als wir den offenen Ozean erreichen klatschen die Wellen an das Boot und es schaukelt, was meiner Tochter nicht ganz geheuer ist. Dank Satellitennavigation findet das Boot nach einer halben Stunde sein Ziel rund fünf Seemeilen vor der Küste. Von Delfinen keine Spur. Könnte man die Delfine nicht mit Nahrung ködern? Unser Bootsführer verneint. Das sei verboten und komme für ihn auf gar keinen Fall in Frage. Er habe sich gegenüber den Umweltverbänden verpflichtet, die Natur zu respektieren.
Wir tuckern weiter und nähern uns einem Fischerboot. Stolz zeigt ein Fischer, seinen größten Fang, einen kleinen Hai, und weist uns den Weg, wo man heute Delfine gesichtet habe.
Die Suche geht weiter. Dann plötzlich stoppt das Boot. 50 Meter vor uns kräuselt sich das Wasser.
Ganz langsam tuckern wir weiter und plötzlich sind sie überall. Eine Delfin-Schule tanzt um das Boot. Mindestens ein Dutzend Tiere springt in eleganten Bögen aus dem Wasser, jagt pfeilschnell neben dem Boot her, scheint mit der Schwanzflosse zu winken, bevor es abtaucht, um an anderer Stelle das Spiel wieder neu zu beginnen. Es sind Tiere der Gattung des Gemeinen Delfins (Delphins delphis). Laut unserem Kapitän gilt der Gemeine Delfin in der Algarve als nicht gefährdet, was sich aber mit dem Angebot an verfügbaren Beutefischen ändern könne. Eine Überprüfung der weltweiten Fangquoten in der Fischerei hält er deshalb für entscheidend für die Rettung der Delfine. Doch das sei nicht immer einfach durchzusetzen. "Wenn wir weltweit rund 100 Millionen Tonnen Fisch fangen, entspricht das einer Kette von Bahngüterwagons, die zweieinhalb Mal um den Erdball reicht. Rund 70 Prozent der Speisefischarten sind überfischt. Das Hauptproblem der Delfine ist dabei: Was lässt ihnen der Mensch noch übrig?", sagt Barradas. Aber auch der rege Schiffsverkehr und die Wasserqualität setzen den Delfinen weltweit zu. Trotzdem spricht er sich für ein friedliches Nebeneinander von Mensch und Tier aus. Der Ökoaktivist stellt fest, dass sich vieles in den letzten Jahren verbessert hat. Dies nicht zuletzt dank der Aufklärung. Trotzdem gebe es auch in der Algarve noch viel zu tun.
Wir folgen den Delfinen, die nun unter dem Boot durchtauchen und uns begleiten. Ab und zu springen die verspielten Tiere über Wasser. Barradas schätzt, dass wir von rund 80 Tieren umgeben sind. Meine Tochter ist völlig entzückt. Die Delfine sind so nah, dass man sie fast berühren kann. Ihr Sorge gilt den Tieren: "Können sie sich nicht an der Schiffschraube verletzen?" So lange er sich nicht schneller bewege als die Delfine, könne nichts passieren, beruhigt sie unser Kapitän. Andernorts schwimmen und spielen Touristen mit den Delfinen im offenen Meer, bei seiner Firma "Natura-Algarve" nicht. Weshalb? "Delfine sind nicht dazu geboren, für uns Menschen den Clown zu spielen", so Barradas. Dann nimmt er den Standort der Delfin-Sichtung auf, die Anzahl Tiere und einige weitere Daten, die er an das Institut für den Schutz der Meeressäuger und die Universität der Algarve in Faro übermittelt.
Der Ökologe, zu dessen Firma vier Biologen gehören und der zum Beispiel auch Ausflüge zu Seepferdchenkolonien anbietet, fühlt sich der Natur verpflichtet. Barradas ist kein Mann, der ein Blatt vor den Mund nimmt. Klar, dass man sich damit nicht nur Freunde schaffe. Der Schutz der Delfine und der Natur sei nur möglich, wenn man das Wissen über die ökologischen Zusammenhänge transparent mache und darüber rede. Dazu gehöre auch ein sanfter Tourismus, der dazu beitrage, das Wissen über die Delfine und ihren Lebensräume zu vertiefen. "Ich will die ökologische Vielfalt vor der Küste schützen. Das ist meine Motivation", so Barradas, der ehemalige Lehrer, der dafür vor vier Jahren seinen sicheren Job aufgab. Die Delfine sind für ihn dabei das Lockmittel, um die Gäste für die übrigen Naturschönheiten der Gegend zu interessieren, sie zum Nachdenken zu bewegen und sich vielleicht über ihren eigenen Umgang mit den Ressourcen der Welt bewusst zu werden.
Quintamar – Ökoferien
Aus diesem Grund arbeitet er auch mit der Schweizerin Tamar Welti zusammen, die seit zwanzig Jahren in der Algarve lebt und auf ihrem Gut "Quintamar" Ökoferien anbietet.
Nachdem wir fast eine halbe Stunde den Delfinen gefolgt sind, geht es zurück nach Olhão. Zwei Stunden waren wir unterwegs. Die Augen meiner Tochter glänzen. Das muss ich meinen Freunden erzählen. Und dann hat sie einen Einfall: "Darüber werde ich nach den Ferien einen Vortrag halten."
Delfine – in Delfinarien verkümmern sie
Der Gemeine Delfin (Delphinus delphis) ist die weltweit verbreitetste Delfinart. Sein Rücken ist schwarz oder braun, der Bauch weisslich. Er misst bis zu 2,40 Metern und wiegt bis 75 Kilogramm. Wie alle Delfine ernährt er sich von Fischen und Tintenfischen. Zoologen zählen die Delfine zu den intelligentesten Tieren. Die schnellen Schwimmer erreichen unter Wasser Geschwindigkeiten von bis zu 55 Kilometern pro Stunde. Delfine sind soziale Tiere, die in Gruppen, so genannten Schulen, zusammenleben. In Gefangenschaft verkümmern die bewegungsfreudigen Tiere. "Eingesperrt in Betonbecken sind die verspielten und bewegungsfreudigen Tiere gezwungen, ihr ganzes Leben lang eintönige Kreise zu ziehen. Sie verstummen, weil sie ihr Echolot zwischen den Betonwänden nicht einsetzen können", kritisiert Sigrid Lüber, Präsidentin der Schweizer Organisation OceanCare in Wädenswil. Die Organisation empfiehlt deshalb, Delfine dort zu beobachten, wo sie hingehören: Auf dem Meer, im Rahmen verantwortlich geführter Touren. Mehr dazu auf www.oceancare.org, dem Portal zu Walfang, Schutz der Delfine und Robbenjagd.
Ein Gastbeitrag von Philippe Welti
Ihr Vorteil als Algarve-Entdecker
Algarve-Entdecker genießen einen Preisnachlass von 10 % auf, Delfintouren bei Formosamar (www.formosamar.com), wenn sie bei Buchung angeben, dass sie die Empfehlung zu dieser Tour von "Algarve für Entdecker" bekommen haben.
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Dem Kommentar von Wolfgang ist nicht viel hinzu zu fügen:
ein wunderbarer Artikel!
Algarve für Entdecker macht seinem Namen mal wieder alle Ehre.
Ein sehr spannender, aber auch einfühlsamer Beitrag über diese wunderbaren Tiere und ihre Rolle im Ökosystem, der zum Nachdenken anregt.