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Über­win­tern an der Algar­ve: Wan­dernd auf wun­der­schö­nen Wegen

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Die son­ni­ge Algar­ve erwan­dern? Na klar, zum Bei­spiel an der West­küs­te ist das ein groß­ar­ti­ger Genuss für Natur-Tou­ris­ten – und dies nicht bloß im Win­ter, son­dern sogar das gan­ze Jahr über. Unser Autor und sei­ne Frau haben im Janu­ar den Tou­ren­tipp Nr. 1 (Schwie­rig­keits­grad: "leicht") aus dem viel gelob­ten Algar­ve-Wan­der­füh­rer von Claus-Gün­ter Frank getes­tet. Lesen Sie selbst, was die bei­den auf dem drei­stün­di­gen Rund­weg der „Rota Vicen­ti­na“ nörd­lich von Alje­zur erlebt habenzu einem Zeit­punkt, an dem Mit­tel­eu­ro­pä­er daheim bei Minus­gra­den und im Schnee bibbern.

Es sind per­fek­te 16 Grad Cel­si­us bei wol­ken­lo­sem, stahl­blau­en Him­mel, als wir von Süden kom­mend in die 3.400-Einwohner-Stadt Alje­zur hin­ein­fah­ren. „Der Wan­der­füh­rer beschreibt, dass wir vom Cam­ping­platz aus los­ge­hen sol­len“, erklärt mir mei­ne bei­fah­ren­de Gat­tin. Doch in der por­tu­gie­si­schen Paten­stadt der unter­frän­ki­schen Gemein­de Kür­nach (Land­kreis Würz­burg) weist kein ein­zi­ges Stra­ßen­schild auf die Anla­ge für Cam­per hin. Statt­des­sen fal­len uns unter den vie­len por­tu­gie­si­schen Auto­kenn­zei­chen auch eini­ge deut­sche, zum Bei­spiel aus Ober­hau­sen, Kle­ve und dem Ober­all­gäu, auf.

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Aus­gangs­punkt: der schmu­cke Cam­ping­platz hin­ter Alje­zur. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Vor­züg­li­che Weg­wei­sung im Tourismusbüro

 

Unser Navi ver­steht die im Wan­der­füh­rer ange­ge­be­nen Koor­di­na­ten lei­der nicht. Oder wir den Ein­ga­be­mo­dus nicht… Also erst ein­mal hin­ein ins Tou­ris­mus­bü­ro von Alje­zur. Die Papier-Land­kar­te, die uns die vor­züg­li­ches Eng­lisch spre­chen­de Mit­ar­bei­te­rin über­reicht, weist den rich­ti­gen Weg: Wir müs­sen noch zwei Kilo­me­ter Rich­tung Lis­sa­bon fah­ren und dann links abbiegen.

Am Aus­gangs­punkt schließ­lich ange­langt, emp­fängt uns rund 110 Meter über dem Mee­res­spie­gel ein spür­ba­rer Wind, der mit Stär­ke 2 aus Nord­ost bis Nord bläst. Wir schüt­zen wir uns jeweils mit einer Jacke, set­zen die Son­nen­bril­len auf und mar­schie­ren gegen 12 Uhr los. Der Park­platz des Cam­ping do Ser­rão (www.campingserrao.com) bleibt zurück und mit ihm neben unse­rem Pots­da­mer Auto ein Wagen aus Walds­hut im süd­li­chen Baden-Württemberg.

Links taucht als ers­tes ein schilfum­stan­de­ner gro­ßer Teich auf. „In dem gibt es him­beer­ro­te Kreb­se“, ver­rät uns jemand vom Cam­ping­platz. Etwas klei­ner als nor­mal sei­en sie. Zu bei­den Sei­ten des Weges öff­net sich eine kar­ge, tro­cke­ne und vor allem mit Mac­chia bewach­se­ne Ebe­ne. „Da läu­ten doch irgend­wo Kuh­glo­cken“, meint mei­ne Frau und stellt die Ohren schräg. Ich höre nichts. Wir lau­fen stumm weiter.

Nichts für Gehbehinderte

 

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Vor­bei an einem ver­fal­len­den Gehöft. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

An einer Gabe­lung rät mei­ne Frau, den Blick ins das hand­li­che Buch gesenkt, zum Links­hal­ten. Es geht hin­ab in eine Schlucht, der Weg wird weni­ger gang­bar, wir pas­sen auf, wohin wir tre­ten. Bis­wei­len hat sich Was­ser in aus­ge­fah­re­nen Rin­nen gesam­melt und wir müs­sen, um die Schu­he nicht zu rui­nie­ren, gewagt balan­cie­ren. Geh­be­hin­der­te oder Roll­stuhl­fah­rer kämen hier erst recht nicht durch.

Plötz­lich ein kur­zes moped­ähn­li­ches Geräusch – aber nein, das war nur ein dicht an uns vor­beisum­men­des Insekt. Ansons­ten ist nur ganz sel­ten ein lei­ses Zischen und Rau­schen zu hören von den Trans­at­lan­tik-Flie­gern, die in gut zehn Kilo­me­tern Höhe über uns kur­ze wei­ße Kon­dens­strei­fen in Süd­west- und Nord­ost-Rich­tung hin­ter sich her schleppen.

Die Land­schaft ver­än­dert sich, wird grü­ner. Von Lack­zist­ro­sen und Mastix­sträu­chern schreibt der Wan­der­füh­rer. Als halb­ge­bil­de­tes Stadt­kind kann ich aber ledig­lich ein paar Eichen, hohe Euka­lyp­tus­bäu­me und Wachol­der erken­nen. Es taucht ein ver­fal­le­nes gro­ßes Gehöft auf: Amorei­ra. Ein Schild ver­weist auf einen Hun­de­trai­nings­platz. War da nicht tat­säch­lich kurz etwas Gebell zu hören? Das Gesicht mei­ner Frau zeigt, dass dies­mal sie die­je­ni­ge ist, die nichts ver­nom­men hat.

Nicht nur nachts parkt hier kein Wohnmobil

 

An der Ein­mün­dung in die Zufahrt­stra­ße zur Pra­ia da Amorei­ra ange­kom­men, bestau­nen wir einen völ­lig lee­ren Park­platz. Laut Beschil­de­rung dür­fen Wohn­mo­bi­le hier nicht über­nach­ten, aber auch tags­über steht hier keins. Gän­se­blüm­chen in rau­en Men­gen säu­men die asphal­tier­te Stra­ße zum Strand. Hier, am Ende der Sack­gas­se, sind sie nun zu bestau­nen, die zum Teil recht gro­ßen Wohnmobile.

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Bis 3. März geschlos­sen: das Parai­so do Mar am Strand von Amorei­ra. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Die Hälf­te davon trägt ein gel­bes nie­der­län­di­sches Kenn­zei­chen. Aber auch rol­len­de Klein­woh­nun­gen aus Bre­men, Nürn­berg, Pin­ne­berg und Bochum haben vom Park­platz Besitz ergrif­fen. Vier Por­tu­gie­sen mitt­le­ren Alters pel­len sich aus ihren Sur­fer-Anzü­gen aus Neo­pren. Sie haben es offen­bar über sich gebracht, mit­tags bei 16 Grad Was­ser­tem­pe­ra­tur in die Flu­ten zu steigen.

Ein Paar kommt auf einem mit Tarn­far­be bemal­ten Quad aus dem bran­den­bur­gi­schen Kreis Bar­nim ange­rauscht, dreht aber nach kur­zem Ver­wei­len wie­der ab. Zwei Bri­ten rufen ihrem hun­de­ähn­li­chen Rie­sen-Woll­knäu­el zu: „Go run­ning!“ Das lässt sich das Tier nicht zwei­mal sagen und rennt vor Freu­de hüp­fend auf die ein­zi­ge Tou­ris­tin auf dem Strand zu. Die reagiert kurz und kühl, wen­det sich dann wie­der dem bizar­ren Fels-Ensem­ble in der Strand­mit­te zu, das so aus­sieht wie eine über­di­men­sio­na­le Träufelburg.

Geschlos­se­nes Paradies

 

Weil das Restau­rant „Parai­so do Mar“ nach Anga­ben eines Pla­kats an der Ein­gangs­tür bis 3.März geschlos­sen hat, müs­sen wir ein paar mit­ge­brach­te Man­deln kau­en, die wir mit Was­ser aus der eige­nen Trink­fla­sche her­un­ter­spü­len. So gestärkt, trau­en wir uns auf den 1,6 Kilo­me­ter lan­gen Klip­pen­weg, der hin­ter dem Strand­park­platz ziem­lich steil ansteigt, oben aber einen berau­schen­den Weit­blick auf den Atlan­tik sowie die Fels- und Dünen­land­schaft bietet.

„Der Sand­weg geht aber ganz schön in die Bei­ne“, stellt mei­ne Frau fest. In der Tat: Mal ist der Sand tief, mal fest, mal geht es über Geröll, mal über Fels. Ganz schön unter­schied­lich; so viel­fäl­tig wie der gesam­te Rund­weg. In regel­mä­ßi­gen Abstän­den infor­mie­ren uns ins­ge­samt acht Tafeln sehr anschau­lich über die gro­ße Bio­di­ver­si­tät in die­ser Süd­west­ecke Por­tu­gals und Kontinentaleuropas.

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Groß­ar­ti­ger Fern­blick. Foto: Mari­on Allgaier

So ler­nen wir, dass in den Dünen hier die Hei­mat der „Bur­net Moth“ ist, eines schwar­zen Insekts mit sechs roten Punk­ten auf den Flü­geln. Aller­dings soll sie am bes­ten im April zu sehen sein. Über­haupt sei­en Schmet­ter­lin­ge und Mot­ten an der Algar­ve-Küs­te gut ver­tre­ten, erfah­ren wir, zusam­men mit eini­gen Libel­len und Heu­schre­cken und unzäh­li­gen Käfern.

Spin­nen und Skor­pio­ne gehör­ten zu den ande­ren reich­lich vor­han­de­nen wir­bel­lo­sen Tie­ren im süd­li­chen Por­tu­gal, berich­ten die Tafeln. Sie ver­wei­sen Inter­es­sier­te auf www.tagis.pt und www.flora-on.pt, um dort mehr Infor­ma­tio­nen über Flo­ra und Fau­na von Algar­ve und Alen­te­jo zu erhalten.

 

Leuch­tendrot und knatschblau

 

Müde vom Sta­ken durch den Sand, erspa­ren wir uns den Abstieg zum zwei­ten Strand an die­sem Rund­weg, dem Pra­ia da Car­ri­a­gem. Statt­des­sen bie­gen wir recht­wink­lig ins Lan­des­in­ne­re ab. Es geht durch einen im Wind rau­schen­den Pini­en­wald, der an eini­gen Stel­len so dicht ist, dass kaum Licht durch­dringt. Wir kom­men zunächst an einem leuch­tendro­ten Zie­gel­schup­pen vor­bei, kurz danach an einer ver­fal­len­den, knatsch­blau­en Haus­rui­ne, in deren Inne­rem gro­ße Bäu­me gewach­sen sind.

"Hab' ich doch rich­tig gehört!", ruft mei­ne Frau, als sie in der Fer­ne rund 20 Stück brau­nes Vieh ent­deckt, das dort grast und sei­nen Stand­ort durch Kuh­glo­cken-Geläut ver­rät. Natür­lich, jetzt sehe und höre ich es auch. Ein paar Minu­ten spä­ter, wir pas­sie­ren gera­de ein schmu­ckes, gepfleg­tes Wohn­haus mit Algar­ve-typi­schem Anstrich, gesellt sich eine älte­re Öster­rei­che­rin zu uns, beglei­tet von ihrer Schä­fer­hün­din Bella.

Sie über­win­te­re seit Jah­ren hier an der Algar­ve und lie­be die Freund­lich­keit der Por­tu­gie­sen und die Ruhe hier, berich­tet die Wit­we aus der Nähe von Wien. Und mag sich nicht vor­stel­len, wie laut es hier auf dem Cam­ping­platz wird, wenn im Som­mer 3.000 Gäs­te im Schat­ten der hohen Euka­lyp­tus­bäu­me ihre Zel­te, Wohn­wa­gen und Wohn­mo­bi­le auf­stel­len. Im März kom­me ihre Enke­lin an die Algar­ve. Dann woll­ten sie zusam­men ihren Wohn­wa­gen über Spa­ni­en, Frank­reich und die Schweiz wie­der zurück nach Öster­reich brin­gen, freut sich die Dame, als wir uns am Ende des Rund­wegs von ihr verabschieden.

Drei Stun­den Natur­er­leb­nis pur

 

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Prä­di­kat emp­feh­lens­wert: Tou­ren­tipp Nr.1 im hand­li­chen und gut illus­trier­ten Algar­ve-Wan­der­füh­rer von Claus-Gün­ter Frank. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

2,20 Stun­den gibt der Wan­der­füh­rer als Lauf­zeit für die gut neun Kilo­me­ter lan­ge Stre­cke an, drei Stun­den sind es bei uns gewor­den. Wir haben uns aber Zeit fürs Genie­ßen der Natur und der Ruhe genom­men. Und das war gut so. Denn außer der Öster­rei­che­rin sind wir unter­wegs prak­tisch kei­ner ande­ren Men­schen­see­le begeg­net – wenn man mal von der hand­voll Leu­te am Strand­park­platz absieht. Die Tour an der Süd­west­küs­te Por­tu­gals bekommt von uns das Prä­di­kat "Emp­feh­lens­wert"!

Wei­te­re nütz­li­che Links:

Deut­sche Web­site des Fern­wan­der­wegs Rota Vicentina

Web­site der Stadt Aljezur

Ver­lags-Web­site zum Algarve-Wanderführer

Face­book-Sei­te Estaca­oes da Bioversidade

 

Hans-Joachim Allgaier
Anzei­ge

Hans-Joachim Allgaier

Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber

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