Goldene Visa bringen Portugal 2,5 Milliarden Euro ein
Mit 2,5 Milliarden Euro von privaten Auslands-Investoren hat Portugal seit 2012 die Folgen der Finanzkrise etwas mildern können. Bürger Chinas, Brasiliens, Russlands, Südafrikas und des Libanons erkauften sich mit diesem Geld die meisten „goldenen Visa“ des EU-Landes. Entsprechende Zahlen dazu lieferte jetzt dessen Ausländer- und Grenzbehörde SEF. Ein weitaus stärkerer Investitionstreiber ist aber die zügige Vergabe von EU-Fördermitteln in Portugal, schreibt „Germany Trade and Invest“ (GTAI) in seiner neusten Stärken-/Schwächenanalyse.
Voraussetzung für goldene Visa für Staatsangehörige aus Nicht-EU-Ländern ist ein Kapitaltransfer von mehr als 500.000 Euro nach Portugal, zum Beispiel für den Kauf einer Immobilie. Auch die Schaffung von zehn Arbeitsplätzen oder der Einsatz einer Million Euro in einem portugiesischen Unternehmen führen zum Anspruch auf eine derartige Aufenthaltsgenehmigung, die zudem Reisefreiheit in den „Schengen“-Ländern verschafft.
Insgesamt stellte Portugal bislang 4.202 goldene Visa aus. In Portugal werden sie ARI genannt: AUTORIZAÇÃO DE RESIDÊNCIA PARA ATIVIDADE DE INVESTIMENTO. Auf Chinesen entfielen 73 Prozent, auf Brasilianer sechs Prozent. Russen, Südafrikaner und Libanesen haben unter den Begünstigten einen Anteil von jeweils weniger als drei Prozent.
Kein Wunder also, dass überall in Portugal mittlerweile tausende von chinesischen Restaurants und Basaren auffallen. Mit ihren umfangreichen Sortimenten und sehr niedrigen Preisen sind die China-Geschäfte ortsansässigen portugiesischen Händlern jedoch manchmal ein Dorn im Auge.
Die Zahl der erworbenen Visa stieg seit der Einführung jährlich stark an – von zwei im Jahr 2012 auf 1.414 in 2016. Die spezielle Visa-Regelung, die zum Überwinden der Finanzkrise Investitionen nach Portugal ziehen sollte, erlaubte weiteren 6.637 Ausländern den befristeten Aufenthalt im Rahmen der Familienzusammenführung.
Nach SEF-Angaben beliefen sich die Investitionen, die den Visaerteilungen zugrunde lagen, auf 2,5 Milliarden Euro. Davon entfielen 2,3 Milliarden Euro auf Immobilienkäufe und rund 251 Millionen Euro auf Kapitaltransfer.
Anträge für die goldenen Visa können bei der SEF in Portugal online gestellt werden. Sind die notwendigen Unterlagen und die Bearbeitungsgebühr eingegangen, wird innerhalb von drei Tagen eine Entscheidung getroffen. Zahlen die Interessenten dann noch eine weitere Gebühr, bekommen sie ihre „Autorização de Residência para Investimento“ ausgestellt. Sie ist zunächst ein Jahr gültig, kann aber verlängert werden. Nach sechs Jahren kann die Einbürgerung beantragt werden.
Inhaltsverzeichnis
2014 Affäre um käufliches Bleiberecht in Portugal
Vor gut zwei Jahren erlebte Portugal einen Schmiergeldskandal um das käufliche Bleiberecht, in dessen Verlauf hohe Beamte des Grenzschutzes und des Justizministeriums festgenommen wurden. Der Innenminister trat im November 2014 in Folge der Affäre zurück.
Übrigens verkauft nicht nur Portugal Aufenthaltsrechte. Auch in anderen Ländern der europäischen Union wird mit Visa gehandelt (laut FAZ-Recherche Spanien, Griechenland, Belgien, Niederlande, Großbritannien, Kroatien und Lettland) und zum Teil auch mit Pässen (Malta, Bulgarien, Österreich) – nicht unbedingt zur Freude von Parlament und Kommission der EU. Die EU kann dagegen nichts unternehmen, denn die Verleihung der Staatsangehörigkeit und eines Aufenthaltsrechtes fällt ausschließlich in die Kompetenz der Mitgliedsländer.
Portugal lockt vermögende Privatleute auch mit Steuervorteilen
Portugal versucht inzwischen zudem mit einer speziellen Steuervorteils-Regelung, vermögende Privatpersonen aus dem Ausland anzulocken. „Non-habitual Resident“ heißt das Stichwort. Wer diesen Status als „nicht gewohnheitsmäßiger Einwohner“ zuerkannt bekommt, weil er seinen Wohnsitz nach Portugal verlegt, hat diverse Vorteile.
Solche Personen werden unter bestimmten Bedingungen für zehn Jahre von der Einkommenssteuer auf Altersbezüge wie Renten und Pensionen sowie auf Tantiemen, Dividenden und Zinsen befreit, die aus dem Ausland kommen.
Das portugiesische Steuerspar-Programm ist vor allem für solche Ausländer attraktiv, die zum Beispiel an der sonnigen Algarve von den derzeitigen Preisen für Immobilien profitieren wollen, die nach der Finanzkrise immer noch etwas preiswerter gehandelt werden als vorher. Der Markt profitiert von diesen Käufern, weil sie einen starken Anreiz haben, erworbenes Eigentum während der zehnjährigen Zeit der Steuerbefreiung zu halten. Experten beobachten, dass besonders viele Nordeuropäer die Vorteile des NHR-Status nutzen.
Und dies sind weitere wichtige Vorteile der portugiesischen Steuerregelung für Ansässige ohne ständigen Wohnsitz:
- Für zehn Jahre Besteuerung mit einem fixen Lohnsteuersatz von 20 Prozent auf die in Portugal verdienten Einnahmen
- Keine Doppelbesteuerung bei Einkommen aus Renten und selbstständiger oder abhängiger Beschäftigung im Ausland
GTAI: Mehr als 25 Milliarden Euro EU-Mittel können nach Portugal fließen
Beim Investitionsmotor aufs Gas drückt Portugal zudem durch beschleunigte Vergabe von Fördermitteln der Europäischen Union. So können Unternehmen und Gemeinden bis 2022 mehr als 25 Mrd. Euro abrufen – für Modernisierung in der Land- und Entsorgungstechnik, für Kläranlagen, für effiziente Heizung/Kühlung und Gebäudeenergietechnik sowie Produkt- und Prozessinnovationen in Unternehmen.
„Diese Ausrichtung schafft Chancen auch für deutsche Anbieter, da die Ausrüstungsinvestitionen Portugals einen hohen Importanteil haben“, sagt GTAI-Expertin Miriam Neubert. Wachsen sieht ihre Institution zum Beispiel die Kfz-Produktion an vier Standorten in Portugal sowie in Autowerken des benachbarten Spaniens. Nur 2016 sei die Herstellung von Automobilen vorübergehend zurückgegangen, weil das Volkswagenwerk Autoeuropa seine Produktionstechnik bei Modellen mit quer eingebauten Motoren und Getrieben auf ein neues modulares Baukastensystem umgestellt habe. Im zweiten Quartal soll in Setubal nun die Produktion eines kompakten SUV starten.
Stärken Portugals | Schwächen Portugals |
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Quelle: GTAI
Niedrigste Arbeitskosten Westeuropas nach wie vor in Portugal
Zwar ist der Mindestlohn Anfang Januar auf 557 Euro angehoben worden, doch nach GTAI-Angaben sind die Lohnkosten die niedrigsten in Westeuropa. Das Engagement ausländischer Unternehmen gehe inzwischen über die Produktion hinaus und umfasse Investitionen in Entwicklungs- und Dienstleistungszentren. Portugal sei zwar technologisch aufgeschlossen, doch bestehe – um die Gesamtwirtschaft produktiver zu machen – Nachholbedarf bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung und für Innovationen.
Seine Randlage in Südwesteuropa suche Portugal durch die Verbindungen nach Afrika (besonders Angola und Mosambik), den Ausbau und die bessere Anbindung der Hafeninfrastruktur in ein Plus umzumünzen, ist in dem jüngsten GTAI-Bericht zu lesen. Dank der durch die Atlantikinseln Azoren und Madeira zehntgrößten Meereswirtschaftszone der Welt sehe Portugal die Chance, mit Hilfe von EU-Mitteln sein maritimes Potenzial nachhaltiger zu nutzen. Die bessere Nutzung der reichlich vorhandenen natürlichen Ressourcen Sonne und Wind sehen die deutschen Experten für Außenhandel und Investitionen mit dem Ausbau der Interkonnektivität zwischen Spanien und Frankreich. Dann sei auch Portugals Strom der Weg nach Europa geebnet.
Hier der GTAI-Blick auf die Chancen und Risiken des Landes:
Chancen Portugals | Risiken Portugals |
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