Algarve-Stadt Silves feiert sich als Orangen-Hauptstadt Portugals
Rund um süße Apfelsinen geht es drei Tage lang in der Algarve-Kreisstadt Silves: Knapp ein Jahr, nachdem sie sich zur „Orangen-Hauptstadt“ ernannte, präsentiert die Kommune vom 17. bis 19. Februar Angebote aus den Bereichen Landwirtschaft, Gastronomie, Kunsthandwerk und Unterhaltung. So wetteifern zum Beispiel Barkeeper von Portugals Südküste den ganzen Samstag über um den besten Orangen-Cocktail. Auf einer Fachkonferenz informieren portugiesische und spanische Experten über zentrale Themen der Zitrusfrucht-Erzeugung. Abgerundet ist der Event an allen drei Tagen durch Konzerte sowie eine Ausstellung. Der Eintritt im Messe- und Ausstellungskomplex FISSUL ist jeweils frei.
Im April 2016 hatte sich die Stadt am Ufer des Flusses Arade im hügeligen Hinterland der Algarve ein grafisches Markenzeichen gegeben: eine aufgeschnittene Frucht mit zwei grünen Blättern. Aussparungen an der Unterseite der Orangenscheibe zeigen den Umriss des lokalen Wahrzeichens, der Burg aus rotem Sandstein. Die Gemeinde und der Landkreis sind seit vielen Jahren Standort für die Produktion hochwertiger Zitrusfrüchte.
"Silves-Orangen", wie sie oft genannt werden, sind bekannt für ihre besondere Süße, Saftigkeit, außergewöhnlichen Aromen und einen hohen Vitamin C‑Gehalt. Mit der Erstellung und Eintragung der Marke wollte Silves die Bedeutung der Orangen für sein kulturelles und regionales Erbe betonen.
Nur wer nachweislich im Kreis Silves Zitrusfrüchte herstellt, darf die Marke verwenden. Er muss sich dabei an genaue Einsatzregeln halten.
Silves ist nach dem Bau des Arade Staudamms und anderer Einrichtungen für einfachere Bewässerung der größte portugiesische Produzent von Zitrusfrüchten geworden. Die Ursachen dafür liegen im sehr günstigen Mikroklima mit einer hohen Zahl von Sonnenscheinstunden, günstiger Bodenqualität und sauberem Wasser aus dem Arade-Fluss.
Aus der Gegend um Silves stammen rund 70 Prozent der gesamten nationalen Produktion. Insgesamt stellt Portugal jährlich mehr als 250.000 Tonnen Orangen her.
Zum Vergleich: Spanien produziert 3,5 Millionen Tonnen und Marktführer Brasilien 17,5 Millionen Tonnen. Die Orange, nach dem Apfel auf Platz zwei der weltweit am meisten konsumierten Früchte, hat eine lange Geschichte an der Algarve.
Wie die Orange an die Algarve kam
Der Ursprung der Bitterorange lag vor 7.000 Jahren im Gebiet zwischen Indien und Südostasien. Die Frucht war das Ergebnis einer Kreuzung von Mandarine und Pampelmuse. Erste regelrechte Orangenhaine wurden in China angelegt. Im Gebiet von Europa waren wahrscheinlich die Römer die ersten, die über persische und äthiopische Händler mit Bitterorangen in Kontakt kamen. Zunächst war die Orange ein Luxusprodukt und wurde in oberen Gesellschaftsschichten auch zu medizinischen Zwecken eingesetzt.
Vom ersten Jahrhundert nach Christus an errichteten römische Besitzer Orangenplantagen auch im Westen des Reichs und im Norden Afrikas zwischen Libyen und Marokko. Der Fall des Römischen Reichs und die Entstehung des islamischen Kalifats führten zunächst zu einem Niedergang des Obstanbaus. Doch in den goldenen Jahren der maurischen Besetzung, etwa im elften Jahrhundert, kehrten Orangen aus Persien wieder zurück nach Europa. Auf der iberischen Halbinsel entstanden neue Orangenkulturen mit neuen Sorten. So hatten zum Beispiel die Rautengewächse aus Sevilla eine dickere Schale und darin mehr Pektin. Beides wurde oft auch für die Herstellung von Spirituosen, Parfums und Konfitüren genutzt.
Im 16. Jahrhundert waren es portugiesische Händler, die süße Orangen aus Indien in Europa einführten – eine Folge der Entdeckung des Seeweges nach Südasien. Vasco da Gama berichtete zum Beispiel 1498, er habe in Mombasa viel bessere Orangen gesehen, als sie zu dieser Zeit in Portugal bekannt waren. In der Folge entstanden, besonders im Süden und Südosten Europas, überall „portugiesische Obstgärten“, wie sie vor allem auf dem Balkan genannt wurden. Hatten Orangenbäume in Asien und im Nahen Osten zunächst die Rolle eines Zierbaums gespielt – vor allem in der Nähe von Quellen- oder Seegrundstücken reicher Araber – setzte sich nun in Europa immer mehr die landwirtschaftliche Nutzung durch. Die Verbindung von süßen Orangen und Portugal schlug sich in etlichen Sprachen in der Namensgebung nieder: Griechen nannten sie „Portokali“, Türken „Portakal“, Rumänen „Portocala“ und Italiener „Portogallo“. Möglicherweise förderlich dafür war die Erzählung, dass der erste ursprünglich eingeführte Baum noch jahrhundertelang in Lissabon gestanden habe.
Warum Silves mehr als einen Besuch wert ist
Als die arabischen Mauren die Algarve beherrschten, war Silves die Hauptstadt der Region. Machtvoller Zeuge dieser Epoche ist die aus rotem Sandstein erbaute Burg auf einem Hügel der Stadt am Rande des Gebirges Serra de Monchique. Das Castelo gilt als das schönste und größte islamische Militärbauwerk an der Südküste Portugals. Von den Türmen und Mauern aus hat man einen weiten Blick über die fruchtbaren, mit Orangenbäumen bedeckten Felder im Tal des Arade-Flusses. Direkt der Burg gegenüber liegt eins der bedeutendsten Gotteshäuser der Algarve, die Kathedrale Sé, eine frühere Hauptmoschee. Die christliche Kirche wurde im gotischen Stil begonnen und im Barock fertiggestellt.
Das Stadtzentrum hat sich das mittelalterliche Flair und die Atmosphäre alter arabischer Kultur erhalten. Mitte August jeden Jahres veranstaltet Silves, das heute gut 11.000 Einwohner hat, seinen Mittelaltermarkt Feira Medieval. Besichtigenswert sind auch die ehemalige Kork-Fabrik „Fabrica do Inglès“ mit dem Museum zur Weinkorken-Produktion und das Archäologische Museum. Darin befindetsich ein sehr tiefer Zisternenbrunnen aus islamischer Herrschaftszeit. Er ist über eine Wendeltreppe zu erreichen.
Der Fluss Arade, seit Jahrhunderten die wichtige, aber einst versandete Wasserstraße, die mit der Küste verbindet und früher Händler und Kreuzritter nach Silves brachte, kann heute mit einem der vielen Ausflugsboote befahren werden. Eine aus dem Mittelalter stammende Brücke überquert den Arade.
Jazz im Weinkeller
Mit einer neu aufgelegten Veranstaltungsreihe „Jazz in den Weinkellern“ verknüpft Silves auf interessante Weise Tourismus- und Kultur-Angebote. Wer zu den Jazz-Abenden ein Eintrittsticket für 7,50 Euro erwirbt, kann das veranstaltende Weingut besichtigen, mit Winzern und Musikern diskutieren, erhält eine Flasche Wein gratis und zwei Gutscheine für den kostenlosen Besuch der Burg und des archäologischen Museums von Silves. So profitiert auch die eigene Marke „Vinhos de Silves“ von dem Programm „Jazz nas Adegas“, das zur Serie „365 Algarve“ gehört.
Infos und Reservierungen erhalten Jazz- und Wein-Liebhaber in der Stadtverwaltung: Tel.: 282 440 800, E‑Mail: cultura@cm-silves.pt. Hier die nächsten Konzerte, die jeweils um 21 Uhr beginnen:
18. Februar: What about Sara – Quinta do Barradas – Sítio da Venda Nova
10. März: Hugo Antunes Standards Trio – Quinta do Francês – Dobra – Odelouca
17. März: Beatriz Cruz – Quinta Rosa – Pinheiro e Garrado